Mittwoch, 19. April 2017

Philosophie der Emotionen

Was ist schlimmer: sauer oder enttäuscht zu sein?

Negative Gefühle haben nichts Positives an sich. Das einzig Positive wäre womöglich, dass man durch negative Gefühle die positiven Gefühle besser schätzen lernt. Aber generell haben alle negativen Gefühle etwas gemeinsam: sie sind negativ.
Und während positive Gefühle mir in so unterschiedlichen Farben und Formen erscheinen, rufen negative Gefühle immer eine ähnliche Grundstimmung hervor: sie machen mich verbittert. Verbittert über gewisse Zustände, Erlebnisse, Geschehnisse in der Welt und in meinem eigenen Leben.

Dementsprechend liegen sauer und enttäuscht sein bei mir relativ nah beieinander. Sie lassen mich beide verbittert zurück, in meiner kleinen Welt, in der ich scheinbar doch nichts ändern kann.
Worin liegt aber der Unterschied, wenn mir jemand sagt, dass er sauer oder enttäuscht ist?


Sauer ist gleich wütend. Und Wut ruft starke, gewaltvolle Emotionen hervor. Teilweise unkontrollierbar. Wütend wie ein Löwe. Auf jemanden sauer sein heißt dementsprechend, dass ich noch eine große emotionale Bindung habe. Eine Bindung, die tiefer geht als nur die Oberfläche anzukratzen. Ich bin sauer auf dich heißt gleichzeitig auch: ich empfinde noch etwas für dich. Das, was passiert ist, geht mir nahe und ich kann es so nicht einfach akzeptieren. Auf jemanden sauer sein ist ein starkes Gefühl. Manche vergessen dieses Gefühl nicht einfach von jetzt auf gleich. Manche Feden währen ein Leben lang. Ob das gesund ist, darüber lässt sich streiten.

Was nun zu dem Satz: "Ich bin enttäuscht von dir." ?
Enttäuscht sein kommt manchmal nach sauer sein, aber nicht unbedingt. Enttäuscht sein kann man wegen vieler Dinge, genauso wie man aus vielen Gründen sauer auf jemanden sein kann. Aber enttäuscht sein geht für mich eine Stufe weiter. Wenn ich enttäuscht bin, heißt das für mich, dass ich ein Stück weit die Hoffnung auf eine Besserung aufgegeben habe. Der Zustand des "sauer oder wütend"-Seins ist anders - er setzt voraus, dass dort noch ein Fünkchen Hoffnung ist. Ein Fünkchen Hoffnung, dass sich etwas ändert, dass sich vielleicht sogar etwas bessert. Wenn ich sauer bin, bin ich in Streitlaune und streiten tut man, wenn man etwas ändern will, weil man unzufrieden ist. Der Wille auf Besserung.

Bin ich nun sauer oder enttäuscht?
Ich war sauer auf euch. Eine ganze Weile. Ich habe versucht, zu rebellieren. Ich habe versucht, euch zu zeigen, wie wichtig mir das hier ist, indem ich gestreikt habe. Wahrscheinlich war das nicht der richtige Weg, aber zu diesem Zeitpunkt ging es nicht anders. Ich war so lange sauer und wütend über eure Reaktionen, habe mich immer wieder über dieselben Dinge aufgeregt - ohne Erfolg. Es hat sich nichts geändert.
Und genau aus diesem Grund ging meine Wut langsam in Resignation über. Und in dieser Resignation spüre ich nur noch eins: Enttäuschung.
Enttäuschung, darüber wie es gekommen ist und wie ihr euch verhalten habt. Enttäuschung darüber, wie ich mich selbst verhalten habe und dass wir alle nicht besser aufeinander zugehen konnten.
Enttäuschung ist für mich schlimmer. Weil ich die Hoffnung in eine Besserung aufgegeben habe.
Das Thema ist vom Tisch. Ich gebe auf und lege meine Wut nieder. Alles was bleibt, ist die Traurigkeit.

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